Goldgelbe Verführung

Der Frühling beginnt

Von Patrick Esser


Einen goldgelb leuchtenden Frühlingsgruß senden gerade landauf und landab die blühenden Forsythien – auch Goldglöckchen genannt. Aufgrund ihrer üppigen und sehr frühen Blüte fehlen sie in kaum einem deutschen Garten und gehören zum Standardrepertoire eines jeden Gartencenters. Dabei war der Weg, den die Forsythie nach Deutschland zurücklegen musste, zunächst ein weiter und beschwerlicher. Sie wurde Mitte des 19. Jahrhunderts aus China eingeführt. Mittlerweile ist sie so fest in unserem kulturellen Bewusstsein verankert, dass der Deutsche Wetterdienst sie gar in den phänologischen Kalender mit aufgenommen hat. Dieser Kalender beschreibt anhand der Vegetationsentwicklung in zehn Phasen präzise den Verlauf der Jahreszeiten. Die Forsythie, aber z. B. auch die Blüte des heimischen Buschwindröschens, markieren dabei den Erstfrühling.


Forsythie
Der Frühling kommt: Die Forsythie beginnt mit der Blüte

Auch in meinem Garten hat meine Vermieterin vor Jahren einen solchen Frühlingsboten gepflanzt und ich freue mich jedes Jahr aufs Neue, wenn der graue Winter endlich besiegt scheint und es draußen wieder leuchtende Farben zu bewundern gibt. Meist schneide ich dann auch ein paar Zweige ab und dekoriere damit die Wohnung oder den Hauseingang. So habe ich es auch im letzten Jahr gehalten, aber beim Austausch der Zweige einen ziemlichen Schreck bekommen. In den Blüten der Forsythie fand ich zwei tote Honig-Bienen und eine tote Hummel. Die Erklärung für diese drei Toten ist nicht nur die exotische Herkunft der Forsythie, sondern auch die züchterische Bearbeitung des Strauches. So sind die meisten bei uns verkauften Forsythien Hybriden, also eine Kreuzung aus zwei verschiedenen Arten. Diese Kreuzungen sind in der Regel unfruchtbar und produzieren daher keinen Pollen und keinen Nektar. Angelockt von den leuchtenden Blüten kann die Forsythie damit zu einer Todesfalle für die ersten summenden und brummenden Flugkünstler werden. Die Blüten werden zwar nach dem zweiten oder dritten hungrigen Fehlversuch als Betrüger erkannt und zukünftig gemieden, aber dies kann im ohnehin mageren frühen Frühling bereits zu viel Verausgabung für die unterschiedlichen Bienenarten bedeuten.

Für meinen Garten habe ich daher eine ganz wunderbare Alternative gefunden. Die heimische Kornelkirsche (Cornus mas) beglückt uns sogar noch etwas früher mit einem ebenfalls gelben und reichen Blütenflor und schmückt sich darüber hinaus mit essbaren roten Früchten im Herbst. Diese sind wahre Vitamin-C-Bomben und wenn nicht die gesamte Ernte in Form von Marmeladenbroten von uns vernascht wird, freut sich auch die Vogelwelt über einen Snack in der kalten Jahreszeit. Allerdings braucht es ein wenig Geduld, bis man die ersten Blüten bewundern kann. Als langsam wachsender Strauch kann es durchaus drei bis fünf Jahre dauern bis die ersten Blüten erscheinen. So lässt mich auch meine im letzten Frühjahr gepflanzte Kornelkirsche noch etwas warten. Diese Zeit habe ich für mich und die vielen fleißigen Insekten durch die Pflanzung von Schneeglöckchen, Buschwindröschen und wilden Narzissen im letzten Herbst überbrückt. In diesem Frühjahr werde ich daher nicht nur mit mehr Farben und Gerüchen in meinem Garten verwöhnt, sondern auch das Brummen der jetzt ausschwärmenden Hummelköniginnen klingt schon etwas satter.

Euer Patrick

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