Die Zecke ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir Menschen gerne kategorisieren: Ist die Zecke nun „gut“ oder „böse“? Hat sie einen ökologischen Nutzen und somit eine Daseinsberechtigung – oder eben nicht? Wir möchten hier einmal die wichtigsten Fakten zur Zecke besprechen und aufzeigen: man kann durchaus auch eine gewisse Sympathie für die kleinen Tierchen entwickeln.
Wofür sind Zecken gut?
Warum gibt es Zecken - haben sie einen ökologischen Nutzen?
Die Zecke – geduldig und zielstrebig
Zecken gehören zur Klasse der Spinnentiere und der Unterklasse der Milben. Von den zahlreichen Arten ist in Deutschland der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) am häufigsten vertreten. Dieser lässt sich z.B. auf Ginstersträuchen oder anderer Vegetation (meist unterhalb eines Meters Höhe) nieder, um dort geduldig auf einen Wirt für die nächste Blutmahlzeit zu warten. Zecken nehmen dabei neben der Erschütterung des Bodens mit dem vordersten ihrer vier Beinpaare (Hallersches Organ) auch Schweiß- und Atem-Bestandteile wahr, um zu erkennen, wann es Zeit wird, ihre Beinchen auszustrecken und auf einen Wirt aufzusteigen – teilweise warten sie auf diese Gelegenheit bis zu einem Jahr lang!
Um sich zu einer ausgewachsenen Zecke zu entwickeln, braucht es drei Häutungen und dafür jeweils eine Blutmahlzeit. So können durchaus zwei oder drei Jahre vergehen, bis eine Zecke erwachsen ist. Ab dann lautet die (einzige und letzte) Mission: Paarung!
Ist der Paarungsakt der Zecke erledigt, stirbt das Männchen umgehend; das Weibchen legt noch die Eier ab und stirbt anschließend ebenfalls.
Wie ihr seht, sind Zecken durchaus enthaltsam lebende, geduldige Tierchen, deren ultimatives Ziel es ist, ihren Nachwuchs auf die Welt zu bringen, welches sie aufopferungsvoll verfolgen.
Unser YouTube Video über Zecken findest du hier:
Von der Zecke übertragene Krankheiten
Natürlich hat die Zecke nicht von ungefähr einen schlechten Ruf: Über das Betäubungsmittel, das sie ihrem Wirt vor dem Stich injiziert, gelangen unter Umständen auch Krankheitserreger in dessen Körper.
Eine der zwei bekanntesten durch Zecken übertragenen Erkrankungen ist die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), ausgelöst durch einen viralen Erreger. Gegen diesen kann man sich mit einer Impfung schützen, sollte man sich in einem bekannten Risikogebiet (Karten findet ihr z.B. beim RKI) aufhalten oder sehr häufig mit Zecken in Kontakt kommen.
Für Borreliose hingegen, einer durch Bakterien hervorgerufenen Infektion, gibt es leider keinen präventiven Impfschutz. Hier gilt es, nach einem Stich sehr genau auf Krankheitssymptome zu achten und bei Bedarf umgehend einen Arzt aufzusuchen, der die Einnahme von Antibiotikum verschreiben kann. Ein typisches (aber nicht zwingendes) Merkmal der akuten Infektion ist die sogenannte Wanderröte auf der Haut, die juckt und immer größer wird. Am äußeren Rand ist sie kräftig rot, weiter innen eher blass und in der Mitte befindet sich ein dunkler Punkt. Auch Gelenkschmerzen, allgemeine Schwäche und in späteren Stadien Nervenprobleme zählen zu den klassischen Symptomen.
Erfahre in diesem Podcast mit Peter Wohlleben viele spannende Details über Zecken von Volker Brenn, Facharzt für Allgemeinmedizin und innere Medizin:
Zeckenstich vermeiden
Die gute Nachricht ist, dass (unsere heimischen) Zecken sehr langsam sind, keine Jäger sondern eher Lauerer. Es ist daher schon viel geholfen, wenn man seine vorderen Hosenbeine absucht bzw. abstreift, nachdem man z.B. entlang eines Wildwechsels oder an kniehoher Vegetation (wie Ginsterbüschen oder Brennnesseln) gelaufen ist. Helle und lange Kleidung ist dabei von Vorteil.
Nach jedem Waldbesuch empfiehlt es sich zudem, sich einmal von oben bis unten abzusuchen. Die Zecke bevorzugt dünne Hautstellen wie z.B. die Kniekehlen, die Leistenregion oder den Kopf (am Haaransatz oder hinter den Ohren).
Hat trotz aller Vorsicht eine Zecke in die Haut gestochen, ist es wichtig, sie so schnell wie möglich zu entfernen. Dabei gibt es keine korrekte Drehrichtung, wie oft behauptet wird. Ein beherztes Entfernen (ohne Druck auf den Zeckenkörper) ist optimal – ob mit Zeckenkarte, Pinzette oder notfalls auch mit der Hand. Das verwenden von Öl ist nicht zu empfehlen – hierdurch kann das Infektionsrisiko sogar steigen.
Wofür sind Zecken dann überhaupt gut?
Und wie sieht es jetzt mit dem ökologischen Nutzen der Zecken aus? Einerseits dienen sie als Nahrungsquelle: Zu ihren natürlichen Fressfeinden gehören beispielsweise Vögel und diverse weitere Waldbewohner.
Zudem erfüllen die Zecken als Parasiten einen weiteren Zweck: Sie beeinflussen Populationen und die Evolution.
Übrigens: Habt ihr euch auch schon mal genervt gefragt, warum es eigentlich so viele Zecken gibt? Das ist durchaus ein hausgemachtes Problem: Wusstet ihr, dass die Wildtierdichte in Deutschland extrem hoch ist? Dies hängt u.a. mit unserer Art der Forstwirtschaft zusammen, mit der wir z.B. Rehen ein köstliches Buffet bieten. Auch ein Zusammenhang mit der Jagd liegt nahe und es wäre spannend zu sehen, wie sich die Population ohne Jagd auf natürliche Weise regulieren würde. Pro Quadratkilometer finden sich hierzulande aktuell etwa 15-20 Rehe – auf natürliche Weise eingependelt wären es etwa 2-3 Rehe. So finden die Zecken ein reiches Angebot an Wirten und können sich somit stark vermehren.
Fazit
Bei genauerer Betrachtung sind Zecken durchaus faszinierende Lebewesen. Gegen die – ohne Zweifel vorhandenen – Gefahren, die von ihnen auf den Menschen ausgehen, kann man sich relativ gut schützen. Also, lasst euch durch Zecken nicht vor Streifzügen durch die Natur abschrecken – am Ende machen sie auch einfach nur ihr Ding. Nützlich oder schädlich sind am Ende menschliche Kategorien.
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