Brennholz ist klimaneutral? Diese Rechnung geht nicht auf!

Klimaneutral heizen mit Holz ist nicht möglich.

Das Heizen mit Holz sei klimaneutral, so hört und liest man es immer wieder: Beim Verheizen werde nur das CO2 freigesetzt, das der Baum während seines Lebens gespeichert hat. Entsprechend entscheiden sich viele Menschen, die ihre Klimabilanz verbessern möchten, aktuell für eine Holzheizung. Aber bedeuten mehr verbrannte Bäume wirklich mehr Klimaschutz?  

Vier wichtige Gründe, weshalb Holz kein CO2-neutraler Heizstoff ist

Wir schauen uns einmal genauer an, was wirklich dran ist an der so schön einfach klingenden Geschichte des Öko-Brennstoff Holz. 

1. Bei Holzernte und Holztransport wird Kohlenstoffdioxid ausgestoßen

Vom Wald in den Ofen – so schnell geht es leider nicht. Bei der Holzernte und dem anschließenden Transport kommen zwangsläufig Maschinen zum Einsatz, die meist mit fossiler Energie betrieben werden. 

Aktuell verbrauchen wir Deutschen etwa doppelt so viel Holz, wie hierzulande geerntet wird. Das führt dazu, dass immer häufiger Transporte über weite Strecken nötig sind, um den Bedarf zu decken, beispielsweise aus dem Südosten der USA oder Rumänien. Je nachdem ob das Holz regional geerntet und verarbeitet wird oder bereits um die halbe Welt gereist ist, fällt der CO2-Fußabdruck unterschiedlich stark aus. Insgesamt wird aber eine enorme Menge CO2 freigesetzt, die auf keinen Fall unterschlagen werden sollte.  Immer häufiger wird das Holz zudem künstlich getrocknet, dies verschlechtert die Treibhausgasbilanz zusätzlich. 

2. Kohlenstoffdioxid gast bei Holzernte aus dem Boden aus

Etwa die Hälfte des gespeicherten CO2s finden wir oberirdisch, der Rest ist unterirdisch (z.B. in der Wurzelbiomasse) gespeichert. Die Anteile bedingen sich dabei gegenseitig. Wird durch Holzernte oder gar einen Kahlschlag die oberirdische schützende und kühlende Decke des Waldes weggerissen, erwärmt sich der Boden. Die Bodenlebewesen, die sich von der organischen Masse ernähren, setzen so CO2 vom Boden in die Luft frei. 

3. Geringer Brennwert & Faktor Zeit

Fossile Brennstoffe sind vor Jahrmillionen konservierte, meist pflanzliche Biomasse, die extrem verdichtet ist. Der Brennwert ist daher sehr viel höher und die Effizienz größer als bei rezenter, frischer Biomasse wie Holz. Der unmittelbare CO2-Ausstoß aus dem Schornstein ist im Vergleich zu einer Ölheizung etwa doppelt so hoch, im Vergleich mit einer Gasheizung sogar ca. dreimal so hoch, da mehr verheizt werden muss, um die gleiche Wärmeenergie zu erhalten. 

Wichtig an dieser Stelle: Auch wenn der Brennwert bei Öl- und Gasheizungen im direkten Vergleich besser ist, soll das keine Werbung für diese sein. Es gibt z.B. mit Wärmepumpen Alternativen, die eine nochmals deutlich bessere CO2-Bilanz aufweisen können. 

Das freigesetzte CO2 werde durch das Nachwachsen der Bäume wieder gebunden, heißt es an dieser Stelle oft. Hierbei wird jedoch der Faktor Zeit unterschlagen: Das durchschnittliche Baumalter in Deutschland beträgt 77 Jahre. Um die Klimaziele für eine lebenswerte Zukunft einhalten zu können, müssen wir bis spätestens 2050, also in 27 Jahren, Klimaneutralität erreicht haben. Bis der bei der Verbrennung freigesetzte Kohlenstoff wieder von dem nachwachsenden Baum gebunden wird, vergehen jedoch mindestens 77 Jahre. Viel Zeit, die wir definitiv nicht haben. Die vergangenen Dürrejahre haben zudem gezeigt, dass wir nicht per se davon ausgehen können, dass Wälder auch in Zukunft noch so gut wachsen, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Studien deuten bereits darauf hin, dass der Zuwachs, sprich das Nachwachsen der Bäume, in den vergangenen Jahren stark abgenommen hat.  

4. Durch Abholzung verhindern wir das volle Potenzial der Kohlenstoffspeicherung  

In Deutschland werden Eichen nach spätestens 180 Jahren, Fichten nach ca. 80 Jahren und Buchen nach etwa 120-140 Jahren gefällt. Dies entspricht lange nicht ihrer natürlichen Lebenserwartung, die deutlich höher liegt. Durch die frühe Abholzung und das somit unterbrochene Wachstum beschneidet man die potenzielle Kohlenstoffspeicherung, denn: Im letzten Lebensabschnitt wird etwa ein Viertel bis zur Hälfte des gesamten Kohlenstoffs im Baum gespeichert.

Im deutschen Wald stehen derzeit etwa 358 m³ Holz und 22 m³ Totholz je Hektar. In einem Ur- bzw. Naturwald stehen auf der gleichen Fläche etwa doppelt so viel, nämlich 600m³ bis sogar 1.200m³ und zusätzlich 200 m³ Totholz. Wir unterbinden also die natürliche Senkfunktion des Waldes, indem wir immer mehr Holz rausholen, um u.a. Brennholz zu generieren. 

2017 entlastete der deutsche Wald die Atmosphäre jährlich um rund 62 Mio. Tonnen CO2, indem mehr nachwuchs, als geerntet wurde – das entsprach etwa 7 % der deutschen Emissionen. Diese Kohlenstoffsenke brauchen wir dringend auch in Zukunft, wofür wir z.B. mit unserem Urwaldprojekt kämpfen.

Geschwächte Ökosystemleistungen

Aktuelle Studien zeigen zudem, dass forstwirtschaftliche Eingriffe sich negativ auf das Mikroklima in Wäldern auswirken. Das bedeutet, die durch den Klimawandel ohnehin belasteten Wälder werden durch forstliche Eingriffe weiter geschwächt und werden so anfälliger gegenüber Dürreereignissen und Hitzetagen. Wir müssen zudem aufpassen, dass wir neben dem CO2 nicht auch die anderen wichtigen Ökosystemleistungen des Waldes aus den Augen verlieren. Intakte Wälder sind enorm wichtig für unsere Wasserkreisläufe. Alte, intakte Buchenwälder sind dabei regelrechte Wasserkraftwerke.

Die Dimensionen des Heizens mit Holz

Unser Fazit ist klar: Die Nutzung von Brennholz ist klimaschädlich und keine umweltfreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen. Doch wie ist der aktuelle Stand in Deutschland? 

Derzeit ist etwa die Hälfte des gesamten inländischen Holzverbauchs auf die energetische Verwendung zurückzuführen. Da wir etwa doppelt so viel Holz verbrauchen, wie wir hierzulande ernten, landet rein rechnerisch jeder bei uns gefällte Baum im Ofen. An dieser Stelle ist oft die Rede von der angeblichen Nutzung von Reststoffen. Pellets z.B. werden zwar überwiegend aus Abfällen u.a. aus der Sägeholzindustrie hergestellt, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Reststoffe gibt es im Prinzip gar nicht, denn auch die Reste sind ein begehrter Rohstoff und können für langlebigere Produkte wie beispielsweise Spanplatten genutzt werden. Da die Pelletindustrie nun mehr Sägenebenprodukte nutzt, müssen Spanplattenhersteller auf Frischholz umsteigen. 

Etwa die Hälfte der Holzverfeuerung findet in privaten Haushalten, die andere Hälfte in größeren Biomasseanlagen statt. Hier ist die Politik in der Pflicht, bestehende Förderprogramme umgehend zu beenden und im Gegenteil vor allem für Hausbesitzer*innen Anreize zu schaffen für eine Umrüstung auf umweltfreundlichere Alternativen der Wärmeerzeugung.  

Bedeutung für unseren zukünftigen Umgang mit Holz

Was bedeutet dies nun konkret, wie lautet unser Plädoyer und was kann jede*r Einzelne tun? 

  • Ein deutlich bewussterer Umgang mit der Ressource Holz, diesem wertvollen Stoff, der am besten lebend und wachsend im Wald aufgehoben ist, ist unvermeidbar. 

  • Häuser sollten nicht mit Holz beheizt werden – diese Technologie stammt aus der Steinzeit und passt nicht mehr zu den aktuellen Herausforderungen auf unserem Planeten. Das bedeutet nicht, dass alle bestehenden Holzheizungen umgehend ausgemustert werden sollten, und es ist uns wichtig zu betonen, dass niemandem ein Vorwurf gemacht wird, der sich aufgrund der verbreiteten Informationen für diese Form des Heizens entschieden hat. Bei einem ohnehin anstehenden Austausch oder einem Neubau empfehlen wir allerdings, eine Energieberaterin oder einen Energieberater hinzuzuziehen, um einerseits den Energiebedarf zu senken, und andererseits klimafreundlichere Heizalternativen zu finden – denn auch Öl- oder Gasheizungen sind keine Option. 

  • Helft mit, Informationen zu verbreiten, indem ihr z.B. diesen Artikel oder unser YouTube-Video teilt. Es ist wichtig, die bestehenden Erzählungen (oder sollten wir sagen: Märchen) mit wissenschaftlichen Fakten Lüge zu strafen. 

  • Unterschreibt Petitionen und zeigt so der Politik, dass sie auf die Wissenschaft und nicht auf Lobbyisten*innen hören sollte. 

  • Wer mehr zum Thema erfahren möchte, ist herzlich Willkommen, an unserem Online-Kurs „Wald im Klimawandel“ oder unseren Tages-Workshop „Wald im Klimawandel“ teilzunehmen

Quellen

Booth MS. (2018). „Not carbon neutral: Assessing the net emissions impact of residues burned for bioenergy”. Environmental Research Letters 13(3): 035001  

Camia A., Giuntoli, J., Jonsson, R., Robert, N., Cazzaniga, N.E., Jasinevičius, G., Avitabile, V., Grassi, G., Barredo, J.I., Mubareka, S. (2021): “The use of woody biomass for energy purposes in the EU”. Publications Office of the European Union. ISBN 978  

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INFOR e. K.- Informationssysteme für Rohstoffe (Hrsg.) (2020): „Energieholzverwendung in privaten Haushalten 2018. Marktvolumen und verwendete Sortimente“  

Kuhlmann W. & Putt P. (2018): “Are forests the new coal? A global threat map of biomass energy development”. Environmental Paper Network  

Luick R., Hennenberg K., Leuschner C., Grossmann M., Jedicke E., Schoof N., Waldenspuhl T.. (2021): „Urwälder, Naturwälder und Wirtschaftswälder im Kontext der Biodiversitätsdebatte und des Klimaschutzes. Teil 1: Funktionen für die biologische Vielfalt und als Kohlenstoffsenke und -speicher”. Naturschutz und Landschaftsplanung 53 (12), 12-25.  

Luick R., Hennenberg K., Leuschner C., Grossmann M., Jedicke E., Schoof N., Waldenspuhl T.. (2022): „Urwälder, Naturwälder und Wirtschaftswälder im Kontext von Biodiversitäts- und Klimaschutz. Teil 2: Das Narrativ von der Klimaneutralität der Ressource Holz”. Naturschutz und Landschaftsplanung 54 (01), 22-35.  

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Mantau U. (2019): „Holzrohstoffbilanz Deutschland, Entwicklung des Holzaufkommens und der Holzverwendung 1987 bis 2016“. Thünen-Institut  

Raven P., et al. (2021): „Letter regarding Use of Forests for Bioenergy”    

Thünen-Institut für Internationale Waldwirtschaft und Forstökonomie (Hrsg.) (2022): “Gesamtholzbilanz der Bundesrepublik Deutschland von Holz und Produkten auf der Basis Holz nach Aufkommensquellen in Mio. m3 (r) (Rohholzäquivalent)“.  

Umweltbundesamt (Hrsg.) (2021): „Umweltschutz, Wald und nachhaltige Holznutzung in Deutschland“. ISSN: 2363-829X  

WWF Deutschland (Hrsg.) (2022): „Alles aus Holz – Rohstoff der Zukunft oder kommende Krise; Ansätze zu einer ausgewogenen Bioökonomie“

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