In der kalten Jahreszeit scheint die Natur schlafen zu gehen. Klammfeuchtes Wetter oder frostig klirrende Temperaturen verlangsamen die Aktivitäten im Freien und viele Tiere bleiben lieber in ihren gemütlichen Verstecken.
Doch längst nicht alle Tiere verschlafen die kalte Jahreszeit – manche bleiben putzmunter und trotzen mit dickem Fell und einer warmen Speckschicht der kalten Witterung. So manches Tier kommt sogar erst im Winter richtig in Fahrt und sorgt mit Hochzeitsstimmung für den nächsten Nachwuchs.
Unsere heimischen Tiere machen sich ganz unterschiedliche Strategien zunutze: Kleine Krabbler fallen in Froststarre, wuselige Tierchen schrumpfen und stachelige Gesellen haben mitunter nur noch zwei Herzschläge pro Minute.
Die Unterschiedlichen Strategien zeigen die endlose Vielfalt der Natur und laden zum Staunen ein.
Dass Spitzmäuse im Winter regelrecht schrumpfen, ist zum Beispiel noch gar nicht so lange bekannt. Wissenschaftler:Innen haben herausgefunden, dass die kleinen Insektenfresser (die mehr mit den Maulwürfen, als mit den Mäusen verwandt sind) im Winter ihre Knochenstruktur verändern. Die wuseligen Tierchen bleiben auch im Winter aktiv. Sie haben einen so schnellen Stoffwechsel, dass sie nach wenigen Stunden ohne Nahrung sterben würden. Um im Winter weniger Energie zu verbrauchen, leiten sie zum Herbst hin eine Art reversible Osteoporose ein – sie verändern ihre Knochen und schrumpfen um ein Fünftel ihres normalen Körpergewichts. Zum Frühjahr hin werden die Mineralien wieder in den Knochen eingelagert und die Spitzmaus kehrt zu ihrer ursprünglichen Größe zurück.
Den gesamten Winter verschlafen hingegen Murmeltier, Igel, Hamster und Siebenschläfer.
Damit der Winter sich gefahrlos verschlafen lässt, ziehen sich die Tiere in ihren Bau oder in sichere, geschützte Verstecke zurück. Die Körperfunktionen werden auf ein Minimum reduziert. Igel zum Beispiel haben normalerweise einen Herzschlag von 50 Schlägen pro Minute. Während ihre Körpertemperatur auf 1-8 Grad herabsinkt, schlägt das Herz nur noch fünf Mal pro Minute. Sollte es doch mal zu kalt werden, wachen die Winterschläfer automatisch auf, bevor sie erfrieren. Dann bewegen sie sich ein bisschen und kurbeln die Fettverbrennung wieder an, um dann in Ruhe weiterschlafen zu können.
Fledermäuse sind besondere Vertreter unter den Winterschläfern. Vor dem langen Winterschlaf erfolgt im Herbst die Paarung. Die Weibchen sind in der Lage, das Sperma über die gesamte Winterzeit im Körper zu lagern. Im Frühjahr können sie dann den Eisprung und somit die Befruchtung abhängig von den äußeren Bedingungen steuern. Männliche Fledermäuse nutzen die kurzen Wachphasen während des Winterschlafs übrigens auch gerne für Sex für Zwischendurch, um sich mit noch schlafenden Weibchen zu paaren.
In richtiger Liebesstimmung sind im Winter die flügellosen Weibchen des Frostspanners. Nachts sitzen sie gerne in eisiger Kälte in den Baumkronen und verströmen Sexuallockstoffe, um die herumschwirrenden Männchen anzulocken. Wer also nachts im Winter im Scheinwerferlicht Falter flattern sieht, kann hier die Männchen der Frostspanner beobachten. Vermutlich wählen sie die kalte Jahreszeit, weil sie dann vor vielen Vögeln sicher sind, die in wärmere Gebiete gezogen sind, um dort zu überwintern.
Auch Wildschweine und Füchse lassen sich von den niedrigen Temperaturen nicht beirren und gehen im Winterkleid zur Hochzeit. Ab November kämpfen die Keiler mit ihren scharfen Eckzähnen darum, wer sich mit den Bachen der Rotte paaren darf. Nach der Paarung gehen die männlichen Wildschweine wieder ihrer eigenen Wege. Inzwischen sind Wildschweine nicht mehr allein auf den Winter als Paarungszeit beschränkt, sondern bekommen über das ganze Jahr verteilt ihren Nachwuchs.
Im Gegensatz zu den Wildschweinen suchen sich männliche Fuchsrüden oft eine langjährige Partnerin zur Familiengründung. Genau wie auch die Wildkatzen, sind die Füchse im Februar auf Brautschau, also oft im tiefen Schnee auf der Suche nach einer passenden Fähe. Die Fuchsrüden bleiben meist bei ihrer Partnerin und helfen ihr bei der Aufzucht der Jungen. In den Folgejahren kann es vorkommen, dass sie immer wieder mit derselben Partnerin zusammenkommen – denn dann sind sie immerhin schon ein eingespieltes Team, das sich zusammen bewährt hat.
Rehe und Hirsche sind hingegen ein bisschen vorsichtiger unterwegs – sie schlafen zwar nicht, fahren jedoch ihren Stoffwechsel im Winter so stark herunter, dass keine großen Sprünge mehr drin sind. Der gesamte Verdauungstrakt und sogar der Herzmuskel verkleinern sich durch die verringerte Aktivität. Der Körper ist sozusagen auf Sparflamme, selbst die Körpertemperatur sinkt bis zu 15 Grad. Bei Rehen sind die Hufe 4-5 Grad kälter als der restliche Körper, sodass sie – ähnlich wie Enten auf dem Eis – an den Füßen nicht frieren.
Ebenfalls langsamer unterwegs sind Tiere, die sich in Winterruhe begeben. Das Eichhörnchen zum Beispiel schläft viel im Winter und sucht seine Vorratskammern nur auf, wenn der Magen knurrt. Im Gegensatz zum Igel, der in richtigen Winterschlaf fällt, werden diese Tiere öfter wach und wechseln auch häufiger die Schlafposition.
Gutes Durchhaltevermögen brauchen die Bienen – sie halten im Bienenstock durch gemeinsames andauerndes Zittern die Temperatur konstant auf 20 Grad. Während dieser Zeit gehen sie nicht einmal auf Toilette, um den Bienenstock nicht zu beschmutzen, sondern kneifen sozusagen bis zum Frühjahr, sodass bis dahin fast der ganze Hinterleib gefüllt ist. Erst mit dem Ausschwärmen im Frühling wird die Kotblase dann entleert.
Andere Insekten wie der Marienkäfer oder der Zitronenfalter produzieren ihr eigenes Frostschutzmittel in Form von Glycerin, das den Gefrierpunkt des Körpers senkt. Wird es kälter, kühlen sie aus und fallen in Winterstarre.
Kalte Winter machen Insekten also weniger aus, als regnerische und milde – denn bei diesem Wetter fühlen sich Pilze wohl, die die schlafenden Insekten überwuchern können.
Wer bei kühler werdenden Tagen Insekten findet, tut ihnen folglich keinen Gefallen indem er sie ins Warme nimmt. Sie verlieren dann die Winterstarre, finden in dieser Zeit aber keine Nahrung. Daher sollte man Insekten, die im Herbst einen Unterschlupf im Haus gesucht haben, vorsichtig nach draußen setzen.