Anfang Oktober wurde der Nationalpark Kellerwald-Edersee um ein Drittel vergrößert – zeitgleich zum 50. Geburtstag des Nationalparks Bayrischer Wald. Die Fläche wurde um 1.950 Hektar aufgestockt und umfasst nun insgesamt 7.688 Hektar.
Im Gegensatz zur ersten langwierigen Planungsphase, die sich von 1991 bis 2004 zur Eröffnung des Nationalparks hinzog, gestaltete sich die Erweiterung deutlich einfacher, da umliegende Schutzflächen nun in den Nationalpark eingegliedert wurden.
Neu zum Nationalpark gehören ab sofort die nördlichen Flächen angrenzend an den Edersee, die vor allem durch Steilhänge gekennzeichnet sind und als weitestgehend von menschlichen Eingriffen unberührt gelten.
Neben der höheren touristischen Attraktivität für die Region profitieren etliche Arten vom Schutz alter Laubwälder – allen voran das Bodenleben, welches unsichtbar unter unseren Füßen tief in der Dunkelheit des Waldbodens verborgen lebt.
Der Schwarzspecht zum Beispiel, als für unser Auge sichtbarer Indikator für einen naturnahen Wald, benötigt ältere Laubbäume, die in der für die Bruthöhle notwendigen Höhe noch einen entsprechenden Durchmesser haben. Im Gegensatz zum Buntspecht nistet die größte heimische Spechtart nämlich nur in lebenden Bäumen, weshalb er intakte alte Laubwälder als Lebensraum benötigt.
Entscheidend bei der Einrichtung eines Nationalparks ist im Hinblick auf die Wirksamkeit für den Waldschutz die Zonierung. Nur in den sogenannten Kern- oder Naturzonen ist die Natur komplett sich selbst überlassen und vom Menschen unberührt. Leider gibt es in Deutschland kein einheitliches Zonierungssystem oder national verbindliche Leitlinien zu Schutz und Entwicklung der Nationalparks.
Die genaue Zonierung im Nationalpark Kellerwald-Edersee steht noch aus. Derzeit ist angedacht, dass 80-90 % der neugewonnenen Fläche zur Naturzone erklärt werden, was im Hinblick auf den Waldschutz sehr begrüßenswert wäre.
Flächen, in denen der Mensch im Laufe der letzten Jahrhunderte nicht eingegriffen hat, sind in unseren heimischen Wäldern Mangelware. So hat sich zum Beispiel die Zoologische Gesellschaft Frankfurt zum Ziel gesetzt, zukünftig immerhin zwei Prozent Wildnisfläche in Deutschland zu erreichen – ein Anteil, der immer noch verschwindend gering scheint.
Aktuell haben alte Buchenwälder in Deutschland einen Flächenanteil von weniger als einem Prozent – komplett unter Schutz gestellt sind jedoch nicht einmal diese.
Nur dort, wo der Mensch nicht in die Waldflächen eingreift, kann der Wald sich gemäß seinem natürlichen Potenzial zu echter Wildnis entwickeln. Sobald der Mensch jedoch eingreift – und sei es zu sogenannten „Pflegemaßnahmen“ – wird das Waldökosystem empfindlich gestört.
Waldschutz wird in den nächsten Jahren zunehmend relevant. Notwendig sind Projekte und Maßnahmen, die den Erhalt und die Förderung alter heimischer Waldökosysteme nicht nur für die Artenvielfalt sondern auch im Bezug auf den Klimawandel ermöglichen. Die Erweiterung und Förderung von Schutzflächen ist ein wegweisendes Zeichen für den Umgang mit unseren alten Laubwaldbeständen.